Matthias Sander aus dem Wohnheim Wasserstraße gibt Schauspieldebüt mit tragender Rolle in Filmproduktion für den RTL-Streaming-Dienst TVNOW
Einmal in einem richtigen Fernsehfilm mitspielen: Dieser Traum ging für Matthias Sander in Erfüllung. Zehn Wochen lang tauschte der 29-Jährige seinen Arbeitsplatz in der Werkstatt Constantin mit einem Filmset im Rheinland. In der Komödie „Weil wir Champions sind“, die gerade in Köln, Bonn und Leverkusen gedreht wurde, hat er eine tragende Rolle übernommen. Matthias Sander ist Waldemar, ein Mitglied der Wiesenschaum-Zikaden – eines Basketballteams aus Menschen mit geistiger Behinderung.
Im März erhielten die Werkstätten der Diakonie Ruhr eine Anfrage von Constantin Film: Die Produktionsfirma suchte Darsteller mit geistiger Behinderung für eine Adaption des spanischen Films „Campeones“ – in Deutschland unter dem Titel „Wir sind Champions“ bekannt – für den RTL-Streaming-Dienst TVNOW. Drei Beschäftigte aus der Werkstatt hatten Interesse, zwei davon wurden zum Casting nach Köln eingeladen – doch einer von ihnen bekam sein Lampenfieber nicht in den Griff und entschied sich im letzten Moment, nicht mitzufahren. Matthias Sander machte sich mit Begleitung allein auf den Weg, trug trotz großer Nervosität seinen Text vor, improvisierte und brachte das Casting-Team zum Lachen. Bei einem zweiten Vorspielen einige Wochen später überzeugte er die Jury ebenfalls.
In dem Remake „Weil wir Champions sind“ muss der erfolgsverwöhnte Basketballtrainer Andreas nach einer Fahrt unter Alkoholeinfluss Sozialstunden leisten und ein Team aus Menschen mit Behinderung trainieren. Der Film feiert das Anderssein und appelliert humorvoll an einen inklusiven Umgang mit allen Menschen. Neben Matthias Sander geben acht weitere Menschen mit Behinderung ihr Schauspieldebüt vor der Kamera. Die Hauptrolle spielt Tatort-Kommissar Wotan Wilke Möhring. In weiteren Rollen sind unter anderem Katharina Schüttler, Ben Münchow, Ursula Werner und Sabine Vitua zu sehen.
„Die Dreharbeiten waren toll, aber echt anstrengend für mich“, erzählt Matthias Sander. „Wir mussten jeden Morgen früh aufstehen.“ Übernachtet wurde in der Jugendherberge. Um 7:45 Uhr kam der Bus, der die Darsteller zum Drehort brachte. „Das ging dann manchmal bis abends um halb sechs.“ Nur am Wochenende war Matthias Sander zuhause im Wohnheim Wasserstraße der Diakonie Ruhr in Bochum. Basketball hatte der 29-Jährige bis dato nur zum Spaß auf dem Hof gespielt. Mit seinen Teamkollegen aus dem Film musste er deshalb für die Spielszenen fleißig trainieren.
Inzwischen sind alle Szenen im Kasten – Matthias Sander ist als Waldemar nicht nur beim Basketball in der Halle, sondern unter anderem an der Haltestelle, im Bus und im Tierheim zu sehen. Auch die Zusammenarbeit mit den bekannten Profi-Schauspielern hat ihm viel Spaß gemacht. „Alle waren sehr nett.“ Und jede Menge Autogramme hat er aus Köln auch mitgebracht. Ob er noch einmal in einem Film mitspielen würde? Matthias Sander schüttelt den Kopf. „Es reicht erst mal. Ich war ganz schön geschafft.“ Nach Abschluss der Dreharbeiten hat er erst einmal eine Woche Urlaub genommen.
Ende September ist noch ein Fotoshooting in Köln geplant. „Weil wir Champions sind“ soll ab Frühjahr 2022 exklusiv beim Streaming-Dienst TVNOW zum Abruf bereitstehen. Später ist eine TV-Ausstrahlung bei VOX geplant.
Von der Bundesagentur für Arbeit anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen Nr. 3/96